Die Seidenfäden der Begierde
Der Mond warf sein blasses Licht durch das hohe Fenster, als Clara die Tür öffnete. Der Raum lag in sanftem Halbdunkel, nur ein paar Kerzen flackerten auf dem Kaminsims. Ihre Haut prickelte unter dem dünnen Seidenkleid, das sie trug – ein Geschenk, das sie heute Abend selbst auspacken sollte.
„Du bist spät dran“, raunte eine Stimme hinter ihr. Ein Schauer lief über Claras Rücken, als sich langsam Finger durch ihr Haar schlängelten. Sie kannte diese Berührung, diese zitternde Vertrautheit. Elena.
Ohne sich umzudrehen, ließ Clara sich gegen den Körper der anderen Frau sinken. Elenas Hände glitten über ihre Hüften, der Stoff des Kleides raschelte leise wie ein versprochenes Geheimnis. „Ich wollte dich warten lassen“, hauchte Clara, während sich ihre Lippen über den nackten Schultern Elenas schlossen. Ein leises Stöhnen, dann drehte Elena sie sanft um.
Ihre Blicke trafen sich, angefüllt mit Jahren des Spiels, der Unterdrückung, der Sehnsucht. Elenas Mund war ein verspielter Bogen, doch ihre Augen brannten. Sie zog an dem Seidenband, das Claras Kleid zusammenhielt. Der Stoff gab nach, gleitend wie Wasser, und fiel zu ihren Füßen.
„Jetzt“, flüsterte Elena, während ihre Handfläche sich gegen Claras nackten Bauch presste, „ist keine Zeit mehr für Spiele.“ Ihre Küsse waren plötzlich hungrig, fordernd, als würden sie die Jahre des Wartens einholen. Clara erwiderte sie mit gleicher Wildheit, ihre Hände verfingen sich in Elenas dunklen Locken, zogen sie näher, bis der Duft von Jasmin und Haut alles war, was sie noch kannte.
Auf dem Teppich aus Seide und Schatten fanden sie einander – jede Berührung ein Funke, jeder Atemzug ein Schwur. Als ihre Körper verschmolzen, war es, als folgten sie einem alten Rhythmus, einem Lied, das nur sie hörten. Und irgendwo zwischen Stöhnen und Stille zerschnitten sie die letzten Fäden der Zurückhaltung, bis nichts blieb als die rohe, süße Wahrheit ihrer Lust.